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Schreiben statt Tippen

0,18 auf dem BlaBlaMeter

Schreiben ist wie Fliesenlegen. Glauben Sie nicht? Aufgepasst: Absolut jeder, der zwei gesunde Hände hat, kann Fliesenkleber an die Wand schmieren und Fliesen draufpappen. Sieht das gut aus? Eher nicht. Hält das auch noch nach sechs Wochen? Unwahrscheinlich. Macht er eine Riesensauerei dabei und braucht zehn Mal so lange wie ein geübter, gut ausgebildeter Fliesenleger? Mit Sicherheit.

So ähnlich ist das mit Texten. Jeder kann schreiben, aber nicht jeder ist im Schreiben auch ausgebildet. Am Ende kommen dann Texte raus, die schwierig zu lesen sind, die in den Themen hin- und herspringen und im schlimmsten Fall herumeiern, ohne zum Punkt zu kommen.

Gute Texte verfolgen ein Ziel. Und spießen es auf. Journalisten kennen das Problem. Mitunter wird im hektischen Redaktionsalltag erst der Text auf Zeile geschrieben, und danach an der Überschrift gearbeitet. Was sich im schlimmsten Fall als schwer bis so gut wie unmöglich herausstellt. Denn die Überschrift soll ja schließlich den Nachrichtenkern vermitteln – was aber, wenn es gar keinen gibt?

Vor dem Schreiben kommt die leere Maske

Die Überschrift muss das Thema vermitteln. Damit der Journalist nicht die Zeit des Lesers verschwendet. Außerdem ist es ärgerlich, auf eine falsche Fährte gelockt zu werden. Wenn es aber gar keinen Nachrichtenkern gibt, sitzt der Journalist vor der leeren Überschriften-Maske und weiß nicht, was da rein soll, obwohl der Text selbst schon fertig ist. Die Überschrift zwingt ihn, zu erkennen, wie inhaltsleer der Text wirklich ist.

PR-Profis, Marketing-Meister und Politiker können stundenlang reden, ohne was zu sagen. Professoren können das in Vorlesungen oder in ihren Büchern auch, das Vorurteil verlangt den Blick auf Wissenschaftler in den Bereichen Gesellschafts- oder Kulturwissenschaften. In der Physik entlarvt sich Geschwafel halt eher als im Feuilleton.

Das ist übrigens kein Vorrecht von Verwaltungen oder des Öffentlichen Dienstes. Das Ressentiment habe ich mir während meiner Arbeit als Diplom-Journalist abgewöhnt. Auch Fachleute oder Handwerker halten sich gerne zurück, wenn es um ein klares Fazit geht – Technokraten verlieren sich mit Vorliebe in Diskussionen um technische Details. Verwalter und Papiertiger verzetteln sich im Kanzleistil – also in schlechtem Behördendeutsch. Wer nach dem konkreten Nutzen für den Kunden oder den Bürger fragt, erntet bestenfalls überraschte bis ratlose Blicke.

Messinstrument für Bullshit

Bernd Wurm, Software-Entwickler, kann ein Lied davon singen. Er hat das „BlaBlaMeter“ entwickelt – eine Internetseite, in die man Text kopieren kann, und die den Text dann auf hohle Phrasen, heiße Luft, Politiker- und PR-Sprech analysiert („Wie viel Bullshit steckt in Ihrem Text?“). „Ich komme ja aus der IT-Branche“, sagte Bernd Wurm im Interview mit der „taz“, „und dort wird nahezu kein vernünftiger Satz mehr gesprochen. Die Leute reden in inhaltslosen Sprachblasen, nur um andere zu beeindrucken.“ Das BlaBlaMeter bewertet Texte mit einem Zahlenwert zwischen 0 und 1 – je niedriger, desto besser. „Hochwertige journalistische Texte liegen in der Regel zwischen 0.1 und 0.3“, heißt es dort im FAQ. Dieser Text erreicht übrigens 0,18 auf dem BlaBlaMeter.

So richtig ärgerlich wird das Geschwafel erst, wenn es um was geht – Geld, Entwicklungen, Gewinnung von neuen Kunden, Stadtentwicklung. Wenn gute Ideen im Keim erstickt werden, weil die Kommunikation nicht stimmt. Was ist eine Machbarkeitsstudie wert, die zwar viele bunte Bilder und Zahlen enthält, aber keine klare Aussage über „möglich“, „unmöglich“ oder „unter folgenden Voraussetzungen möglich“?

Genau: gar nichts. Der Schlüssel zu guten, aussagestarken Texten ist weniger das Schreiben selbst als das vorangehende Nachdenken. Liegt die Zusammenfassung des Textkerns in einem Satz vor, ist der entscheidende Schritt schon gemacht. Und das, ohne einen einzigen Buchstaben zu tippen.

Tl;dr: Texte werden verständlicher und aussagenstärker, wenn der Autor vor dem Schreiben die Kernaussage in einem Satz zusammengefasst hat.

 

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